10.09.2020

Ausbildungsvergütung

1. Angemessene Ausbildungsvergütung

Jeder Auszubildende hat Anspruch auf eine Ausbildungsvergütung. Das Berufsbildungsgesetz spricht von einer "angemessenen" Vergütung und legt fest, dass diese nach dem Lebensalter des Auszubildenden so zu bemessen ist, dass sie mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens aber jährlich, ansteigt (§ 17 Abs. 1 BBiG).
Die genaue Festlegung der Ausbildungsvergütung ist Sache des Ausbildenden und des Auszubildenden. Wesentliche Maßstäbe für die Angemessenheit sind
  • tarifvertraglich geregelte Ausbildungsvergütungen (§ 17 Abs. 3 und 4 BBiG)
  • die gesetzliche Mindestvergütung (§ 17 Abs. 2 BBiG).
Das BBiG legt jeweils nur Untergrenzen für die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung fest. Darüber hinaus gehende Vergütungen können selbstverständlich immer gezahlt werden.
Einzelheiten zu den verschiedenen Tarifen finden Sie anbei.

2. Tariflich gebundene Unternehmen

Sofern Ausbildungsbetriebe tariflich gebunden sind, gelten die in den Tarifverträgen vorgesehenen Ausbildungsvergütungen unmittelbar. Dies gilt auch, wenn die geltende tarifliche Ausbildungsvergütung die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung unterschreitet. Auskünfte zur jeweils geltenden Ausbildungsvergütung und Tarifgebundenheit erteilt Ihnen Ihr Arbeitgeberverband.

3. Tariflich nicht gebundene Unternehmen

Ausbildungsbetriebe für die ein einschlägiger Tarifvertrag bestimmt werden kann: Sofern für nicht tarifgebundene Ausbildungsbetriebe ein einschlägiger Tarifvertrag bestimmt werden kann, d. h. ein Tarifvertrag vorliegt der gelten würde, wenn der Betrieb gebunden wäre, gilt
  • die Ausbildungsvergütung muss mindestens 80% der einschlägigen tariflichen Vergütung betragen und
  • mindestes der Mindestvergütung entsprechen.
Beispiel:
Ein nicht tarifgebundener Betrieb bildet aus. Die tarifliche Ausbildungsvergütung beträgt z. B. 805,- EUR im ersten, 905,- EUR im zweiten und 1.034,- EUR im dritten Ausbildungsjahr. Nach Abzug von maximal 20 % wäre eine Vergütung von 644,- EUR im ersten, 728,53 EUR im zweiten und 832,37 EUR im dritten Ausbildungsjahr in diesem Fall noch angemessen.
Aber: Nicht tarifgebundene Unternehmen müssen immer die Mindestvergütung einhalten, selbst wenn die einschlägige Tarifvergütung auch ungekürzt die Mindestvergütung unterschreitet.
Ausbildungsbetriebe für die kein einschlägiger Tarifvertrag bestimmt werden kann: Kann ein Ausbildungsbetrieb keinem einschlägigen Tarifvertrag zugeordnet werden, z. B. im Dienstleistungsbereich (Unternehmensberater, Veranstalter) kann hilfsweise auf die von der IHK Heilbronn-Franken ermittelten Durchschnittssätze zurückgegriffen werden. Wie bei den tariflichen Vergütungen geht die Rechtsprechung davon aus, dass eine Ausbildungsvergütung dann nicht mehr angemessen ist, wenn entsprechende Kammerempfehlungen um mehr als 20% unterschritten werden. Die Mindestvergütung darf nicht unterschritten werden.

4. Tabelle tariflicher Ausbildungsvergütungen

Eine Übersicht über die tarifvertraglich festgelegten Ausbildungsvergütungen sowie Branchenempfehlungen haben wir in einer PDF-Tabelle für Sie zusammengestellt. Maßgeblich für die Ausbildungsvergütung ist die Branchenzugehörigkeit des Ausbildungsbetriebes.

5. Mindestausbildungsvergütung

Die Mindestausbildungsvergütung gilt erstmals für Ausbildungsverhältnisse mit Vertragsabschluss ab 1. Januar 2020. Die Höhe ist geregelt bis zum Jahr 2023 und passt sich ab 2024 jährlich an die durchschnittliche Entwicklung aller Ausbildungsvergütungen an. Die Ausbildungsvergütung hängt davon ab, in welchem Kalenderjahr die Ausbildung beginnt.
Wichtig: Die Mindestvergütung ist nur angemessen, wenn ein geltender oder einschlägiger Tarifvertrag nicht zu einer höheren Vergütung führt (s. o.).
Beginn der Ausbildung
1. Ausbildungs-
jahr
 
2. Ausbildungs-
jahr
(+ 18 %)
3. Ausbildungs-
jahr
(+ 35 %)
4. Ausbildungs-
jahr
(+ 40 %)
2020
(01.01. bis 31.12.2020)
515,00 €
607,70 €
695,25 €
721,00 €
2021
(01.01. bis 31.12.2021)
550,00 €
649,00 €
742,50 €
770,00 €
2022
(01.01. bis 31.12.2022)
585,00 €
690,30 €
789,75 €
819,00 €
2023
(01.01. bis 31.12.2023)
620,00 €
731,60 €
837,00 €
868,00 €

6. Abweichende Regelungen

Für besonders geförderte Ausbildungen z. B. Berufsausbildungen in einer außerbetrieblichen Einrichtung (BaE) oder Ausbildungen nach Regelungen für behinderte Menschen sowie Umschulungen, sind ggf. abweichende Regelungen, insbesondere gemäß Sozialgesetzgebung, maßgeblich.
Umschulungsverträge werden auch ohne angegebene Vergütung registriert, wenn die Umschulung durch die Agentur für Arbeit oder einen anderen Kosten- bzw. Rehabilitationsträger gefördert wird.

7. Verträge mit nicht angemessener Vergütung

Gemäß § 35 Abs. 1 und 2 BBiG ist die Eintragung abzulehnen, wenn ein Ausbildungsvertrag nicht den Regelungen der BBiG entspricht. Dazu gehört auch die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung nach §17 BBiG. Nach Feststellung des Eintragungsmangels muss der Ausbildende gemäß § 32 Abs. 2 BBiG aufgefordert werden, den Mangel innerhalb einer gesetzten Frist zu beseitigen. Geschieht dies nicht, ist die Eintragung des Vertrags endgültig abzulehnen. Die Ablehnung der Eintragung muss dem Ausbildenden und dem Auszubildenden bzw. seinem gesetzlichen Vertreter mitgeteilt werden.
Aufforderung zur Mängelbeseitigung und Ablehnung der Eintragung sind Verwaltungsakte, die vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden können.

8. Rechtsfolgen

Zahlt der Ausbilder contra § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG keine angemessene Vergütung, überschreitet er den ihm eingeräumten Spielraum. Das hat im Rechtsstreit über die Zahlung einer angemessenen Vergütung allerdings nicht die Rechtsfolge, dass der sich gesetzwidrig verhaltene Ausbilder nun bloß die Ausbildungsvergütung schulden würde, die gerade noch angemessen ist. Das verbietet der Schutzzweck der Norm. Dann hätte der Ausbilder nämlich kein Risiko, die nach der Verkehrsanschauung angemessene Vergütung zahlen zu müssen. Der Auszubildende hat damit Anspruch auf die volle angemessene Vergütung, ohne dass ein Abschlag von 20 % (zulässiges Unterschreiten) vorzunehmen ist (BAG, 16.07.2013 - 9 AZR 784/11).
(Quelle Lexsoft, Arbeitsrechtslexikon)

9. Vergütung im Praktikum

Seit dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland das Mindestlohngesetz (MiLoG) und hat einen deutschlandweit geltenden allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn eingeführt. Damit besteht eine gesetzliche Verpflichtung aller Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland, ihren in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – unabhängig von deren Staatsangehörigkeit – für jede geleistete Arbeitsstunde mindestens den gesetzlichen Mindestlohn zu zahlen.
Auch Praktikanten haben Anspruch auf den Mindestlohn. Er wird aber nicht in jedem Praktikum bezahlt. Den festgelegten Stundenlohn gibt es nur unter bestimmten Voraussetzungen:
  • Das Praktikum dauert länger als 3 Monate. Wenn das Praktikum länger als 3 Monate dauert, wird der Mindestlohn ab dem 1. Tag fällig.
  • Es handelt sich um ein freiwilliges Praktikum. Handelt es sich um ein Pflichtpraktikum, das von Schule, Ausbildungseinrichtung oder Hochschule vorgeschrieben ist, haben die Praktikanten keinen Anspruch auf den Mindestlohn. Dasselbe gilt für ein Praktikum im Rahmen einer Berufsausbildungsvorbereitung oder in einer betrieblichen Einstiegsqualifizierung. Keine Anwendung auf Praktika findet das Mindestlohngesetz ebenfalls im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung nach dem SGB III und Maßnahmen einer Berufsausbildungsvorbereitung nach dem Berufsbildungsgesetz. Handelt es sich jedoch um Orientierungspraktikum oder ein ausbildungs- bzw. studienbegleitendes Praktikum, das länger als drei Monate dauert, ist es ab dem ersten Tag der Beschäftigung mit dem Mindestlohn zu vergüten. 
  • Der Praktikant ist mindestens 18 Jahre alt. Der Mindestlohn gilt nur für Erwachsene. Somit soll verhindert werden, dass ein Praktikant aufgrund des vergleichsweise hohen Lohns auf eine Berufsausbildung verzichtet. Kurzfristig wäre das zwar finanziell von Vorteil, langfristig aber nachteilig, da man mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung langfristig bessere Chancen am Arbeitsmarkt hat sowie bessere und höhere Verdienstmöglichkeiten.

10. Bestimmte Ausnahmeregelungen

Für einige wenige Branchen, Regionen und Personenkreise gibt es in der Übergangsphase zeitlich befristete Ausnahmeregelungen. Zum Beispiel haben Langzeitarbeitslose erst nach sechs Monaten Anspruch auf den Mindestlohn – unabhängig davon, ob es sich um ein Praktikum oder einen festen Job handelt.
Ansonsten sind keine Ausnahmen möglich. Der Mindestlohn ist zwingend. Praktikanten und andere Arbeitnehmer können nicht auf den Mindestlohn verzichten und sich freiwillig mit einer geringeren Vergütung zufrieden geben.

11. Sie haben noch Fragen?

Wenn Sie sich hinsichtlich der Bestimmung eines einschlägigen Tarifvertrags unsicher sind oder andere Fragen zur Ausbildungsvergütung haben, wenden Sie sich gerne an Ihren Ausbildungsberater.