30.09.2020

Fahrpersonalvorschriften

1. Grundlage

Fahrzeugführer von Fahrzeugen mit einer Gesamtmasse von über 2,8 Tonnen im Güterverkehr bzw. mehr als 8 Fahrgastsitzplätzen im Personenverkehr haben Lenk- und Ruhezeiten zu beachten. Dies wird in der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 und der deutschen Fahrpersonalverordnung geregelt. Weiterhin gilt im grenzüberschreitenden Verkehr mit einem Drittstaat das AETR (z. B. für Verkehre in die Schweiz oder Türkei). Für die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen gilt das EU-Recht.

2. Lenk- und Ruhezeiten

Grundsätzlich dürfen Fahrzeugführer von o. g. Fahrzeugen maximal 4 ½ Stunden am Stück ein Fahrzeug lenken. Nach dieser Zeit muss eine Fahrtunterbrechung von 45 Minuten eingelegt werden. Die Fahrtunterbrechung kann gesplittet werden, wobei die 1. Fahrtunterbrechung 15 Minuten nicht unterschreiten darf, der 2. Teil der Fahrtunterbrechung darf 30 Minuten nicht unterschreiten. Die Tageslenkzeit beträgt maximal 9 Stunden, darf aber 2 x in der Woche auf 10 Stunden ausgedehnt werden, wobei die vorstehend genannten Regeln der Fahrtunterbrechung eingehalten werden müssen.
Bei einer 6-Tage-Woche kann der Fahrzeugführer so eine Wöchentliche Lenkzeit von 4 x 9 h plus 2 x 10 h, also 56 h erreichen. In zwei aufeinander folgende Wochen – die sogenannte Doppelwoche – darf die Lenkzeit jedoch maximal 90 h betragen. Wurde in einer Woche bspw. die 56 h Lenkzeit erreicht, so dürfte der Fahrzeugführer in der vorangegangenen und darauffolgende Woche maximal 34 h ein Fahrzeug lenken.
Zwischen zweit Tageslenkzeiten muss eine tägliche Ruhezeit von in der Regel 11 Stunden eingelegt werden. Diese Ruhezeit kann 3 x die Woche auf 9 h verkürzt werden. Die Ruhezeit muss vollständig nach 24 h ab Arbeitsbeginn genommen worden sein. Das bedeutet, dass eine regelmäßige Ruhezeit spätestens 13 h nach Arbeitsbeginn, eine verkürzte Ruhezeit spätestens 15 h nach Arbeitsbeginn erfolgen muss.

3. Kontrollgerät/Mitführung und Aufbewahrung von Aufzeichnungen

Im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland gelten durch die Fahrpersonalverordnung die Lenk- und Ruhezeiten bereits für Fahrzeuge, die eine zulässige Gesamtmasse (zGM) von 2,8 t überschreiten. Bis zu einem Fahrzeuggewicht von 3,5 t können die Aufzeichnungen auf einem sogenannten Tageskontrollblatt von Hand vorgenommen werden. Ist aber in einem Fahrzeug ein Kontrollgerät verbaut und handelt es sich um eine aufzeichnungspflichtige Fahrt, so ist stets das Kontrollgerät zu benutzen, eine Wahlmöglichkeit zwischen Kontrollgerät und Tageskontrollblatt besteht nicht.
Für Fahrzeuge über 3,5 t zGM im Güterverkehr bzw. mehr als 8 Fahrgastplätzen im Personenverkehr muss immer das Kontrollgerät verbaut und genutzt werden. Seit Mai 2006 ist bei Neuzulassungen von Fahrzeugen ein digitales Kontrollgerät zu verbauen, seit Juni 2019 sind sogenannte „Intelligente“ Kontrollgeräte zu verbauen. Die Aufzeichnungen erfolgen auf einer dem Fahrer persönlich ausgestellten Fahrerkarte, die von Dekra oder dem TüV auf Antrag ausgestellt werden. Auch im Massenspeicher des Kontrollgerätes werden die Fahrten aufgezeichnet, dem Unternehmer steht für das Auslesen des Massenspeichers – welches mindestens alle 90 Tage zu erfolgen hat – die Unternehmerkarte zur Verfügung.
Der Fahrer hat die Lenk- und Ruhezeiten für den laufenden und die vorangegangenen 28 Tage lückenlos nachzuweisen. In der Regel erfolgt dies über die Daten der Fahrerkarte. Zeiten, die nicht direkt über das Kontrollgerät auf der Karte aufgezeichnet werden konnten, da der Fahrer bspw. einen Erholungsurlaub angetreten hat, müssen vom Fahrer vor dem nächsten Fahrtantritt auf der Fahrerkarte nachgetragen werden. Ist dies aus technischen Gründen nicht, oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand möglich, so hat der Unternehmer dem Fahrer entsprechende Nachweise auszustellen und auszuhändigen. Der Fahrer hat diese Unterlagen dann über den o. g. 28-Tage Zeitraum mitzuführen. Der Unternehmer hat die Aufzeichnungen der Lenk- und Ruhezeiten für ein Jahr zu archivieren. 

4. Ausnahmen

In Artikel 3 der VO (EG) 561/2006 sind Ausnahmen genannt, welche direkt wirken. Für den gewerblichen Verkehr sind folgende Ausnahmen relevant
a) Fahrzeuge, die zur Personenbeförderung im Linienverkehr verwendet werden, wenn die Linienstrecke nicht mehr als 50 km beträgt;
b) Fahrzeuge mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 40 km/h;
… 
e) Spezialfahrzeuge für medizinische Zwecke;
f) spezielle Pannenhilfefahrzeuge, die innerhalb eines Umkreises von 100 km um ihren Standort eingesetzt werden; 
g) Fahrzeuge, mit denen zum Zweck der technischen Entwicklung oder im Rahmen von Reparatur- oder Wartungsarbeiten Probefahrten auf der Straße durchgeführt werden, sowie neue oder umgebaute Fahrzeuge, die noch nicht in Betrieb genommen worden sind;
… 
Nach Artikel 13 der VO (EG) 561/2006 kann jeder Mitgliedsstaat für sein Hoheitsgebiet Ausnahmen erstellen. Dies hat die Bundesrepublik mit §18 Fahrpersonalverordnung umgesetzt. Daher sind folgenden Fahrzeuge von den Artikel 5-9 der VO 561/2006 befreit:
  1. Fahrzeuge, die im Eigentum von Behörden stehen oder von diesen ohne Fahrer angemietet oder geleast sind, um Beförderungen im Straßenverkehr durchzuführen, die nicht im Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Verkehrsunternehmen stehen,
  2. Fahrzeuge, die von Landwirtschafts-, Gartenbau-, Forstwirtschaft- oder Fischereiunternehmen zur Güterbeförderung, insbesondere auch zur Beförderung lebender Tiere, im Rahmen der eigenen unternehmerischen Tätigkeit in einem Umkreis von bis zu 100 Kilometern vom Standort des Unternehmens verwendet oder von diesen ohne Fahrer angemietet werden,
  3. Land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen, die für land- oder forstwirtschaftliche Tätigkeiten in einem Umkreis von bis zu 100 Kilometern vom Standort des Unternehmens verwendet werden, das das Fahrzeug besitzt, anmietet oder least,
  4. Fahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Höchstmasse von nicht mehr als 7,5 Tonnen, die von Postdienstleistern, die Universaldienstleistungen im Sinne des § 1 Absatz 1 der Post-Universaldienstleistungsverordnung vom 15. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2418), die zuletzt durch Artikel 3 Absatz 26 des Gesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung erbringen, in einem Umkreis von 100 Kilometern vom Standort des Unternehmens zum Zwecke der Zustellung von Sendungen im Rahmen des Universaldienstes verwendet werden, soweit das Lenken des Fahrzeugs nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt,
  5. Fahrzeuge, die ausschließlich auf Inseln mit einer Fläche von nicht mehr als 2 300 Quadratkilometern verkehren, die mit den übrigen Teilen des Hoheitsgebiets weder durch eine befahrbare Brücke, Furt oder einen befahrbaren Tunnel verbunden sind,
  6. Fahrzeuge, die im Umkreis von 100 Kilometern vom Standort des Unternehmens zur Güterbeförderung mit Druckerdgas-, Flüssiggas- oder Elektroantrieb verwendet werden und deren zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 7,5 Tonnen nicht übersteigt,
  7. Fahrzeuge, die zum Fahrschulunterricht und zur Fahrprüfung zwecks Erlangung der Fahrerlaubnis oder eines beruflichen Befähigungsnachweises dienen, sofern diese Fahrzeuge nicht für die gewerbliche Personen- oder Güterbeförderung verwendet werden,
  8. Fahrzeuge, die in Verbindung mit der Instandhaltung von Kanalisation, Hochwasserschutz, Wasser-, Gas- und Elektrizitätsversorgung, Straßenunterhaltung und -kontrolle, Hausmüllabfuhr, Telegramm- und Telefondienstleistungen, Rundfunk und Fernsehen sowie zur Erfassung von Radio- beziehungsweise Fernsehsendern oder -geräten eingesetzt werden,
  9. Fahrzeuge mit zehn bis 17 Sitzen, die ausschließlich zur nicht gewerblichen Personenbeförderung verwendet werden,
  10. Spezialfahrzeuge, die zum Transport von Ausrüstungen des Zirkus- oder Schaustellergewerbes verwendet werden,
  11. speziell für mobile Projekte ausgerüstete Fahrzeuge, die hauptsächlich im Stand zu Lehrzwecken verwendet werden,
  12. Fahrzeuge, die innerhalb eines Umkreises von bis zu 100 Kilometern vom Standort des Unternehmens zum Abholen von Milch bei landwirtschaftlichen Betrieben, zur Rückgabe von Milchbehältern oder zur Lieferung von Milcherzeugnissen für Futterzwecke an diese Betriebe verwendet werden,
  13. Spezialfahrzeuge für Geld- und/oder Werttransporte,
  14. Fahrzeuge, die in einem Umkreis von 250 Kilometern vom Standort des Unternehmens zum Transport tierischer Nebenprodukte im Sinne des Artikels 3 Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Verordnung über tierische Nebenprodukte) (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung verwendet werden,
  15. Fahrzeuge, die ausschließlich auf Straßen in Güterverteilzentren wie Häfen, Umschlaganlagen des Kombinierten Verkehrs und Eisenbahnterminals verwendet werden, und
  16. Fahrzeuge, die innerhalb eines Umkreises von bis zu 100 Kilometern vom Standort des Unternehmens für die Beförderung lebender Tiere von den landwirtschaftlichen Betrieben zu den lokalen Märkten und umgekehrt oder von den Märkten zu den lokalen Schlachthäusern verwendet werden.
Außerdem bestehen für Fahrzeuge von 2,8 bis 3,5 t zGM weitere Ausnahmen, da diese von der VO 561/2006 nicht erfasst sind und nur den nationalen Regeln der Fahrpersonalverordnung unterworfen sind. Diese Ausnahmen finden sich in § 1 Abs. 2 Fahrpersonalverordnung und gelten für 
3. Fahrzeuge, die zur Beförderung von Material, Ausrüstungen oder Maschinen, die der Fahrer zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit benötigt, verwendet werden, soweit das Lenken des Fahrzeugs nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt,
3a. Fahrzeuge, die zur Beförderung von Gütern, die im Betrieb, dem der Fahrer angehört, in handwerklicher Fertigung oder Kleinserie hergestellt wurden oder deren Reparatur im Betrieb vorgesehen ist oder durchgeführt wurde, verwendet werden, soweit das Lenken des Fahrzeugs nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt,
4. Fahrzeuge, die als Verkaufswagen auf öffentlichen Märkten oder für den ambulanten Verkauf verwendet werden und für diese Zwecke besonders ausgestattet sind, soweit das Lenken des Fahrzeugs nicht die Haupttätigkeit des Fahrers darstellt, und
5. selbstfahrende Arbeitsmaschinen nach § 2 Nr. 17 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung.
Im Linienverkehr mit einer Linienlänge bis zu 50 Kilometern gelten folgende Regeln:
  • Beträgt der durchschnittliche Haltestellenabstand mehr als drei Kilometer, so ist nach einer Lenkzeit von viereinhalb Stunden eine Fahrtunterbrechung von mindestens 30 zusammenhängenden Minuten einzulegen. Diese Fahrtunterbrechung kann durch zwei Teilunterbrechungen von jeweils mindestens 20 zusammenhängenden Minuten oder drei Teilunterbrechungen von jeweils mindestens 15 Minuten ersetzt werden. Die Teilunterbrechungen müssen innerhalb der Lenkzeit von höchstens viereinhalb Stunden oder teils innerhalb dieser Zeit und teils unmittelbar danach liegen.
  • Beträgt der durchschnittliche Haltestellenabstand nicht mehr als drei Kilometer, sind als Fahrtunterbrechungen auch Arbeitsunterbrechungen ausreichend, soweit diese nach den Dienst- und Fahrplänen in der Arbeitsschicht enthalten sind (z. B. Wendezeiten). Voraussetzung hierfür ist, dass die Gesamtdauer der Arbeitsunterbrechungen mindestens ein Sechstel der vorgesehenen Lenkzeit beträgt. Nach einer ununterbrochenen Lenkzeit von viereinhalb Stunden ist eine Fahrtunterbrechung von mindestens 45 Minuten erforderlich. Arbeitsunterbrechungen unter zehn Minuten werden bei der Berechnung der Gesamtdauer nicht berücksichtigt. Durch Tarifvertrag kann vereinbart werden, dass Arbeitsunterbrechungen von mindestens acht Minuten berücksichtigt werden können, wenn ein Ausgleich vorgesehen ist, der die ausreichende Erholung des Fahrers erwarten lässt. Für Fahrer, die nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen, kann die nach Landesrecht zuständige Behörde entsprechende Abweichungen bewilligen.