25.04.2022

Der IHK-Bescheinigungsservice für Außenwirtschaftsdokumente

Neben dem Ursprungszeugnis müssen im Ausland oft weitere Dokumente vorgelegt werden, die zuvor durch die IHK bescheinigt wurden.

1. Einführung

Wer Waren exportieren möchte, muss im Ausland häufig Erklärungen vorlegen, die von der Industrie- und Handelskammer bescheinigt wurden. Nicht selten kommt es hierbei zu Problemen, weil die Vorstellungen der ausländischen Behörden nicht immer mit den in Deutschland geltenden Rechtsvorschriften in Einklang zu bringen sind.
Die nachfolgend aufgezeigten Verfahrensgrundsätze sollen deshalb helfen, vorab kritische Punkte erkennen zu können.

2. Verfahrensgrundsätze

Örtliche Zuständigkeit der IHK
Die IHK Heilbronn-Franken bescheinigt grundsätzlich nur Dokumente, die von ihren Mitgliedsunternehmen ausgestellt wurden. Soweit also die Erklärung nicht selbst durch das Unternehmen erstellt wird, sondern von dritter Seite (Vorlieferant, Geldinstitut, Prüflabor etc.), ist deren Sitz ausschlaggebend!
Beispiel: Ein Unternehmen aus Heilbronn lässt seine Produkte durch ein Institut in Köln zertifizieren. Für die Bescheinigung des Zertifikats ist die IHK Köln zuständig.
Sachliche Zuständigkeit der IHK
Nach § 20 Abs. 1 Bundesnotarordnung sind Notare zuständig, Beurkundungen jeder Art vorzunehmen. Daneben dürfen die Industrie- und Handelskammern gemäß § 1 Abs. 3 IHKG nur bestimmte Bescheinigungen im Außenwirtschaftsverkehr vornehmen. Diese auf den ersten Blick sehr weitgehende Befugnis wird gleich mehrfach eingeschränkt:
a) Die Bescheinigung muss dem Außenwirtschaftsverkehr dienen
Dies ist nur dann der Fall, wenn eine ausländische Behörde/öff. Stelle diese Bescheinigung verlangt! Für die gängigen Zielmärkte ist dies der IHK in der Regel bekannt bzw. kann aus den „K+M“ entnommen werden. Im Zweifel hat der Antragsteller die Erforderlichkeit der Bescheinigung schlüssig darzulegen.
Ferner muss der Inhalt der Urkunde zwingend auf eine Verwendung im Ausland schließen lassen. Hierzu muss der Adressat möglichst genau benannt sein. Schreiben, die sich an einen unbestimmten Adressatenkreis richten („To whom it may concern“) werden von der IHK nicht bescheinigt!
Tipp: Falls nach den obigen Ausführungen keine sachliche Zuständigkeit der IHK vorliegt, können die Dokumente auch durch einen Notar beurkundet werden.
b) Keine Zuständigkeit einer anderen Behörde/öff. Stelle
Soweit der Gesetzgeber die Ausstellung von Dokumenten einer Fachbehörde/öff. Stelle konkret zugewiesen hat, darf die IHK nicht tätig werden! Diese Kompetenzzuweisungen sind über unzählige Gesetze verstreut, weshalb nachfolgend nur die wichtigsten Spezialzuständigkeiten aufgeführt werden:
  • Notare gemäß § 21 BNotO für Bescheinigungen über eine Vertretungsberechtigung sowie über das Bestehen oder den Sitz einer juristischen Person oder Handelsgesellschaft, die Firmenänderung, eine Umwandlung oder sonstigen rechtserheblichen Umständen, wenn sich diese Umstände aus einer Eintragung im Handelsregister oder in einem ähnlichen Register ergibt.
  • Lebensmittelüberwachungsbehörden gemäß § 26 AGLMBG für Gesundheitszeugnisse und Analysezertifikate.
  • Regierungspräsidium Stuttgart gemäß § 34 MPG für die Ausstellung von Freiverkäuflichkeitsbescheinigungen für Medizinprodukte.
Anmerkungen: Sofern im Ausland gleichwohl zwingend die Bescheinigung durch die IHK verlangt wird, können wir allenfalls nachträglich „die Zuständigkeit der obigen Behörden/öff. Stellen“ bestätigen. Hierzu ist zwingend das Originaldokument vorzulegen.
Unterschrift des Ausstellers
Die Erklärung ist rechtsverbindlich zu unterzeichnen. Die IHK bescheinigt keine Dokumente, die nicht unterschrieben sind.
Sprache
Die IHK darf nur Erklärungen bescheinigen, die sie geprüft hat. Deshalb muss zu allen Dokumenten, die nicht in deutscher Sprache abgefasst sind, eine Übersetzung beigefügt werden. Hiervon sind lediglich einfache Standardurkunden wie Handelsrechnungen sowie kurze Texte in Englisch ausgenommen.
Die IHK-Mitarbeiter können aber jederzeit eine Übersetzung eines gerichtlich beeidigten Dolmetschers verlangen, § 23 Abs. 2 VwVfG.
Eine Kopie für die Unterlagen der IHK
Gemäß § 10 Abs. 1 des IHK-Statuts ist der zu bescheinigenden Erklärung eine Kopie beizufügen, die bei der IHK verbleibt.

3. Inhaltliche Prüfung

Eindeutige Erkennbarkeit des Ausstellers
Die IHK bescheinigt die Erklärungen ihrer Mitgliedsfirmen. Dies setzt voraus, dass das Unternehmen als Aussteller der Urkunde eindeutig erkennbar ist. Keinesfalls darf der Eindruck erweckt werden, dass die IHK oder eine andere öff. Stelle die Erklärung selbst abgegeben haben.
Diese Anforderung wird in der Regel problemlos erfüllt, wenn für die Erklärung das offizielle Firmenbriefpapier mit den nach HGB erforderlichen Angaben verwendet wird. Gleichwohl sind Bezeichnungen wie „Ursprungszeugnis“ oder „Gesundheitszeugnis“ etc. stets zu vermeiden, da sie auf eine amtliche Erklärung hindeuten.
Prüfungsmaßstab
Allein die IHK Heilbronn-Franken bescheinigt jedes Jahr rund 30.000 Außenwirtschaftsdokumente. Bei diesen Fallzahlen ist es unmöglich, alle Tatsachenbehauptungen vollumfänglich zu überprüfen. Die Kammern in Deutschland verwenden deshalb folgenden Bescheinigungstext:
„Wir bescheinigen die Vorlage der Erklärung. Hinsichtlich des Inhalts ist nichts Gegenteiliges bekannt.“
Damit zeigt die IHK an, dass die vorgelegte Erklärung schlüssig und nicht offensichtlich unrichtig ist. Eigene Nachprüfungen muss die IHK nicht unternehmen, kann aber gleichwohl alle erforderlich erscheinenden Ermittlungen anstellen und beim Antragsteller entsprechende Nachweise anfordern.
Achtung! Bescheinigungen der IHK sind öffentliche Urkunden. Wer durch falsche Angaben vorsätzlich bewirkt, dass unrichtige Tatsachen beurkundet werden, macht sich – trotz des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs – gemäß § 271 Strafgesetzbuch strafbar.
Bescheinigungsverbote, insbesondere § 7 AWV
Die Industrie- und Handelskammern dürfen als Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht an rechtswidrigen Handlungen mitwirken! Deshalb werden wir keine Dokumente bescheinigen, deren Inhalt den Tatbestand einer Straftat bzw. einer Ordnungswidrigkeit erfüllen.
Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn eine Lieferung gegen Embargobestimmungen verstoßen würde. Häufiger dürfte jedoch der Fall auftreten, dass ein ausländischer Kunde keine Waren aus bestimmten Ländern wünscht und deshalb eine entsprechende Bestätigung verlangt. Solche Boykotterklärungen sind in Deutschland nach § 7 AWV unzulässig und mit einem Bußgeld bewehrt! Die IHK darf deshalb eine entsprechende Handelsrechnung nicht bescheinigen. Zulässig sind dagegen sogenannte „Positiverklärungen“.
Beispiel: Ihr Kunde möchte keine Waren aus Dänemark und verlangt von Ihnen eine entsprechende Bestätigung auf der Handelsrechnung. Ihr Unternehmen verkauft nur Waren, die im eigenen Betrieb hergestellt wurden und deshalb deutschen Ursprung haben.
Nach § 7 AWV dürfen Sie nicht erklären, dass die Waren nicht aus Dänemark stammen (Negativerklärung), obwohl dies objektiv korrekt ist. Sie können aber bestätigen, dass die gelieferten Waren ausschließlich deutschen Ursprung haben (Positiverklärung).

4. Verwendung von öffentlichen Urkunden im Ausland

Öffentliche Urkunden aus Deutschland können im Ausland nicht ohne Weiteres verwendet werden. Je nach Bestimmungsland kommen verschiedene Anerkennungsverfahren in Betracht. Für Handelspapiere gibt es in der Regel weitere Erleichterungen. Details entnehmen Sie bitte den „K+M“.
Vorbeglaubigung/Endbeglaubigung
In der Regel müssen öff. Urkunden aus Deutschland vom zuständigen Konsulat des Bestimmungslandes legalisiert werden. Die genauen Verfahrensabläufe unterscheiden sich von Land zu Land erheblich. Vereinfacht lassen sich drei „Beglaubigungsketten“ unterscheiden:
  • Justizurkunden (Gerichte und Notare) -> Landgerichtspräsident
  • Verwaltungsurkunden -> Regierungspräsidium
  • Handelspapiere (Ursprungszeugnisse, Handelsrechnungen) -> IHK
Diese „Vorbeglaubigung“ ist für viele Konsulate vollkommen ausreichend. Einige wenige Länder bestehen aber auf eine zusätzliche „Endbeglaubigung“ durch das Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten (BfAA).
Haager Apostille
In den Vertragsstaaten des Haager Apostille-Übereinkommens wird die oben dargestellte Legalisation durch die „Haager Apostille“ ersetzt. Die Bearbeitung durch das Konsulat des Landes, in dem die Urkunde verwendet werden soll, ist somit nicht mehr erforderlich.
Auch hier unterscheidet man zwischen
  • Justizurkunden    -> Landgerichtspräsident und
  • Verwaltungsurkunden  -> Regierungspräsidium.
Für Handelspapier gilt das Haager Apostille-Übereinkommen nicht. 

5. Beglaubigungen

Beglaubigung von Kopien
Die IHK kann als Körperschaft des öffentlichen Rechts auch Kopien amtlich beglaubigen, wenn das Original von einer Behörde ausgestellt wurde oder die Kopie zur Vorlage bei einer Behörde benötigt wird (vgl. § 33 VwVfG) und dieses Verfahren zum Aufgabenbereich der IHK gehört z. B. Exportdokumente. Auszüge aus öff. Registern (Handelsregister, Grundbuch etc.) dürfen dagegen nicht beglaubigt werden.
Die Beglaubigung kann nur vorgenommen werden, wenn gleichzeitig die Originalurkunde (keine Kopie, keine Pdf-Datei etc.) vorgelegt wird. Bitte beachten Sie, dass die Beweiskraft der amtlichen Beglaubigung auf den angegebenen Verwendungszweck („Zur Vorlage bei …“) beschränkt ist. Für öffentliche Beglaubigungen ist der Notar zuständig.
Beglaubigung von Unterschriften
Die amtliche Beglaubigung einer Unterschrift wird von der IHK nach den Vorgaben des § 34 VwVfG durchgeführt. Dies bedeutet, dass der Unterzeichner persönlich bei der IHK erscheinen und sich mit einem gültigen Personalausweis bzw. Reisepass ausweisen muss! Beglaubigt werden nur Unterschriften! Stempelabdrucke oder andere mechanisch erstellte Faksimile sind nicht zulässig.
Achtung! Beglaubigte Unterschriften werden von ausländischen Behörden sehr selten angefordert. Bitte vergewissern Sie sich, dass keine andere Bescheinigung gewünscht wird!

6. Fazit

Über die oben dargestellten Verfahrensgrundsätze kann sich die IHK nicht hinwegsetzen, da sie zwingendes Recht in Deutschland darstellen. Bitte beachten Sie bei der Ausgestaltung von (Kauf-) Verträgen diese Vorgaben. Insbesondere bei der Abwicklung von Akkreditiven kommt es häufig zu Problemen. Nicht selten fordern ausländische Kunden arglistig Dokumente an, von denen sie genau wissen, dass sie in Deutschland/Europa nicht zu beschaffen sind.