03.08.2023

Home-Office

1. Begrifflichkeit Home-Office

Home-Office wird häufig als Synonym für Telearbeit und mobile Arbeit verwendet. Allerdings unterscheiden sich beide Begriffe bei den Arbeitgeberpflichten und der Ausgestaltung der Arbeit.
Telearbeit wird im privaten Bereich des Beschäftigten erbracht an einem fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz, welchen der Arbeitgeber ausstattet. Die Mobile Arbeit hingegen wird ohne fest eingerichteten Arbeitsplatz, somit ortsunabhängig, durch den Beschäftigten erbracht.
Beide Begriffe beschreiben, dass die Erbringung der Arbeitsleistung durch den Beschäftigten teilweise oder dauerhaft nicht in der Betriebsstätte des Arbeitgebers erfolgt. Der Arbeitnehmer arbeitet selbstverantwortlich mittels genutzter Informations- und Kommunikationstechnologien.
In den letzten Jahren ist die Notwendigkeit, das Interesse und die Bereitschaft an der Arbeit mit anteiligen oder ohne Präsenzzeiten des Arbeitnehmers gewachsen. Der Trend zu zunehmenden flexibleren Arbeitsbedingungen, neuen Beschäftigungsformen und der Digitalisierung von Arbeitsplätzen kann unter anderem die Mitarbeiterzufriedenheit und Arbeitgeberattraktivität steigern.

2. Rechtsgrundlage

Kein Recht auf und keine Pflicht zur Telearbeit. 
Ein gesetzlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf Einrichtung eines „Home-Office-Arbeitsplatzes“ besteht grundsätzlich nicht. 
Umgekehrt kann auch der Arbeitgeber in der Regel nicht von seinen Mitarbeitern verlangen, dass sie ihre Arbeitsleistung von zu Hause aus erbringen. Der Schutz der Privatwohnung des Arbeitnehmers steht hier im Vordergrund. 
Für die Ausübung der Arbeitsleistung im Rahmen der Mobilen Arbeit bedarf es einer Vereinbarung. Hierfür empfiehlt sich zwingend eine schriftlich fixierte Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Inhaltlich sollte diese individuelle Vereinbarung folgende Bestandteile enthalten:
  • Anspruchsberechtigte (Name des Arbeitnehmers, alle Arbeitnehmer, Arbeitnehmer einer bestimmten Abteilung, Mindestbeschäftigungszeit/ Wartezeit) 
  • Beginn und Ende Home-Office (zeitliche Befristung, Bedingungen für eine Rückkehr in die Betriebsstätte des Arbeitgebers)
  • Arbeitszeit (Beginn und Ende, ggf. einzelne Tage)
  • Dokumentation Arbeitszeit
  • Technische Einrichtung/ Ausstattung/ Arbeitsmittel
  • Kosten der Einrichtung/ Aufwendungen des Arbeitnehmers
  • Zutrittsrecht des Arbeitgebers (Errichtung/ Beurteilung Arbeitsplatz/ Überprüfung Einhaltung von Vorschriften nach ArbSchG)
  • Verschwiegenheit/ Datenschutz
Eine Rechtsgrundlage zum Home-Office kann sich ergeben aus:
  • Individualarbeitsvertrag,
  • Gesonderte einvernehmliche Regelung mit dem betroffenen Arbeitnehmer (Zusatzvereinbarungen zum Arbeitsvertrag),
  • Betriebsvereinbarung oder
  • Tarifvertrag
Bei der Ermöglichung von Home-Office ist der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz von Arbeitnehmern zu beachten.

3. Arbeitsort

Die Arbeitsvertragsparteien sollten sich vor Vertragsbeginn darüber im Klaren sein, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen Home-Office zulässig ist. Auf jeden Fall sollte einvernehmlich geregelt sein, ob die Arbeit ausschließlich vom Home-Office aus geleistet wird, oder ob zumindest teilweise eine Anwesenheit im Betrieb erforderlich ist. Im letzteren Fall sollte der zeitliche Umfang von Home-Office und Anwesenheit in der Betriebsstätte festgelegt werden.
Grundsätzlich ist es ratsam, eine ausdrückliche örtliche Beschränkung der Länder zu regeln, in denen dem Arbeitnehmer gestattet ist Home-Office oder Mobile Arbeit auszuüben. Die Auswirkungen der Tätigkeit in Ländern der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums oder Drittstaaten erstrecken sich auch auf rechtliche Themen wie Arbeitsrecht, Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht, als auch Aufenthaltsrecht, Arbeitserlaubnisrecht und Melderecht.

4. Arbeitszeit

Für die Arbeitszeit, ihre Erfassung und Festlegung der zeitlichen Lage der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber gelten gem. § 106 GewO (Weisungsrecht) sowohl im Home-Office als auch am betrieblichen Arbeitsplatz die gleichen Regelungen. 
Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht für alle Arbeitgeber. Die Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit begründet sich aus dem EuGH-Urteil vom 14.05.2019 und dem BAG-Beschluss vom 13.09.2022 mit der unionsrechtskonformen Auslegung des deutschen Arbeitsschutzgesetzes. Die gesamte Arbeitszeit ist somit für alle Arbeitnehmer zu erfassen. 
IHK-Tipp: Arbeitszeiten sind für alle Arbeitnehmer zu erfassen. Dies bedeutet Arbeitsbeginn, Arbeitsende, Pausenzeiten und gesondert Überstunden. Arbeitgeber können auf verschiedenen Wegen die Aufzeichnung erfassen (App, Stechuhr, externe Dienstleister, Zeiterfassungsprogramme, Excel, Papier uvm.).
Da dem Arbeitgeber die Kontrolle und Überwachung der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers mit mobiler Tätigkeit nur sehr eingeschränkt möglich ist, sollte die Arbeitgeberpflicht zur Dokumentation der Arbeitszeit auf den Mitarbeiter delegiert werden. Folglich hat der Arbeitgeber eine entsprechende Möglichkeit zur Erfassung der Arbeitszeiten auch technisch bereit zu stellen.
Eine verbindliche Regelung zwischen den Parteien zur Arbeitszeit sollte die Lage und die Verteilung der Tätigkeit (alternierende / feste Tage bzw. dauerhaft Homeoffice), als auch die Erreichbarkeit des Arbeitnehmers während der Arbeitszeit beinhalten, sofern der Arbeitgeber darauf angewiesen ist.
Höchstgrenzen bei der Arbeitszeit, Pausen- und Ruhezeiten sind nach dem Arbeitszeitgesetz auch im Home-Office einzuhalten.

5. Ausstattung / Kosten Arbeitsmittel

Gemäß der Arbeitsstättenverordnung ist der Arbeitgeber für die Ausstattung des Arbeitsplatzes verantwortlich. Die Kosten für die Arbeitsmittel, welche im Home-Office Arbeitsplatz erforderlich sind und zur Verfügung gestellt werden, trägt der Arbeitgeber.
Es ist jedoch nicht zwangsläufig notwendig, dass der Arbeitgeber alle erforderlichen Arbeitsmittel zur Verfügung stellen muss. Der Arbeitnehmer kann auch eigene Arbeitsmittel verwenden, die entsprechenden finanziellen Aufwendungen hierfür können gegebenenfalls durch Kostenpauschalen kompensiert werden. Die Einzelheiten sollten durch Vereinbarung geregelt werden.
In der Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollte auf die Schadensabwendungspflicht hingewiesen werden und darüber hinaus geregelt werden, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, Systemstörungen, Fehler bzw. Schäden an Arbeitsmitteln des Arbeitgebers bzw. drohende Schäden unverzüglich anzuzeigen.

6. Beendigung

Ob und wie die Vereinbarung über die Tätigkeit im „Home-Office“ wieder beendet werden kann, sollte die einvernehmliche Vereinbarung regeln. Zunächst bietet sich eine befristete Vereinbarung an, welche mit einem festen Termin endet oder die Parteien treffen innerhalb eines festgelegten Zeitraums neue Vereinbarungen. Zudem sollte sich der Arbeitgeber stets ein Widerrufsrecht wirksam ausdrücklich vorbehalten. Die genau definierten Voraussetzungen für eine einseitige Beendigung durch den Arbeitgeber schaffen Rechtssicherheit. Ohne einen derartigen Vorbehalt ist ein Widerruf ausgeschlossen.

7. Arbeitssicherheit und Arbeitsschutzrecht

Die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes gelten gleichermaßen für die Arbeitsplätze in einer Betriebsstätte und in einer privaten Wohnung. Folglich sind das Arbeitszeitgesetz, die Arbeitsstättenverordnung, das Arbeitsschutzgesetz und die dazu erlassenen Arbeitsschutzverordnungen zu beachten.
Dennoch sind die Vorschriften zum Arbeitsschutz und zur Arbeitssicherheit zwischen Home-Office und Mobil-Office zu unterscheiden.

8. Datenschutz

Die Vorschriften zum Datenschutz sind auch im „Home-Office“ zu beachten. Gerade hier ist häufig sogar ein besonderes Schutzbedürfnis gegeben, da die Einflussmöglichkeit des Arbeitgebers begrenzt ist. Aus diesem Grunde sollten sichergestellt werden, dass die innerbetrieblich geltenden Richtlinien bezogen auf den Datenschutz und Verschwiegenheit auch im Home-Office gelten. 
Nützliche Tipps für den Datenschutz:
  • Zur Verfügung gestellte Arbeitsmittel/ Dokumente/ Daten sind so aufbewahren, dass ein Einblick oder Zugriff durch Dritte ausgeschlossen ist.
  • Dokumente mit personenbezogenen Daten oder vertraulichen Informationen bestenfalls datenschutzkonform schreddern.
  • Gesicherter Zugangsweg bzw. Verbindung zu Servern, Internet oder Unternehmenssystemen
  • Kein Druck von Dokumenten im Home-Office, sofern dies vom Betriebsablauf her möglich ist.

9. Zugangsrecht

Ein generelles Zutrittsrecht z. B. für Aufsichtsbehörden, Arbeitgeber, Arbeitsschutz- oder Datenschutzbeauftragte zum „Home-Office-Arbeitsplatz“ besteht nicht. Im Arbeitsverhältnis verbleibt die Möglichkeit der vertraglichen Einräumung des Zutrittsrechts.
IHK-Tipp: Der Arbeitgeber sollte sich vertraglich ein Zutrittsrecht zur Wohnung ausbedingen.
Ein solches Zutrittsrecht bedarf allerdings wohl der fortwährenden Zustimmung aller im fraglichen Haushalt lebenden, volljährigen Bewohner. Das Zutrittsrecht sollte sowohl in zeitlicher als auch in räumlicher Hinsicht auf das unbedingt Erforderliche beschränkt und an eine vorherige Ankündigung geknüpft werden.
Da der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht verpflichtet ist, fremde Personen in seine Wohnung zu lassen, sollte klargestellt werden, dass das Einverständnis jederzeit widerrufen werden kann.

10. Sozialversicherungsrecht

Arbeiten im Home-Office kann trotz räumlicher Trennung von der Betriebsstätte sozialversicherungsrechtlich als abhängige Beschäftigung ausgestaltet sein, aber auch selbständig ausgeübt werden.
Wird der Arbeitnehmer über die inländischen Grenzen des Arbeitgebers hinaus im Home-Office tätig, wird unterschieden zwischen Europäischem Wirtschaftsraum und Drittstaat. Die maßgebliche Verordnung der Europäischen Union (EG) Nr. 883/2004 oder das Sozialversicherungsabkommen mit dem Drittstaat ist entsprechend zu beachten. Bei Staaten, mit denen kein derartiges Abkommen besteht, ist die jeweilige Rechtslage vorab in Erfahrung zu bringen. Ein fehlender Versicherungsschutz oder eine Doppelversicherung kann damit vermieden werden.

11. Betriebsrat

Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, ist bei der Einführung von Home-Office und bei Regelungen gegenüber Arbeitnehmern im Home-Office stets dessen Beteiligung nach § 87 BetrVG zu berücksichtigen. Mitbestimmungsfrei dürfte die grundsätzliche Entscheidung des Arbeitgebers sein, ob er die Möglichkeit zur Arbeit im Home-Office überhaupt eröffnen möchte oder nicht.
Durch eine Betriebsvereinbarung kann die Beachtung der zahlreichen Mitbestimmungsrechte gewährleistet und die betriebliche Regelung der Tätigkeit im Home-Office vereinheitlicht werden.

12. Steuerrechtliche Aspekte

Hinsichtlich der steuerrechtlichen Aspekte empfiehlt sich in jedem Fall die Hinzuziehung eines Steuerberaters. Hilfreiche Informationen und Links zum Thema flexible und mobile Arbeitsformen finden Sie auch auf der Homepage der IHK Region Stuttgart.