15.12.2021

Checkliste Whistleblowing

Ab dem 17. Dezember 2021 gilt die EU-Whistleblowing-Richtlinie.
Für Unternehmen ist sie zwar bis zur Umsetzung in deutsches Recht nicht direkt anwendbar, aber Vorbereitungen sollten schon jetzt getroffen werden. 
Für Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten sieht die Richtlinie eine Übergangsfrist bis Dezember 2023 vor, wenn der nationale Gesetzgeber das nicht anders regelt. Bei Unternehmen mit mehr als 249 Beschäftigten kann es sein, dass bei (arbeitsrechtlichen) Streitigkeiten vor Gericht die Wertungen der Richtlinie einfließen, wenn ein Arbeitnehmer dort vorträgt, in Folge eines von ihm gemeldeten Rechtsverstoßes des Unternehmens arbeitsrechtlich sanktioniert worden zu sein. Dabei müsste es sich dann aber auch gerade um einen Hinweis zu einem der in der Whistleblowing-Richtlinie genannten Verstoß gegen EU-Recht gehandelt haben.
Wie können Sie sich vorbereiten?
Da das Gesetzgebungsverfahren wahrscheinlich recht zügig durchgeführt werden wird und Reaktionsfristen ggf. sehr kurz ausfallen könnten, sollten schon jetzt Vorbereitungen getroffen werden, damit die erforderlichen Hinweisgebersysteme schnell einsatzbereit sind.
Folgende Fragen sollten Sie daher schon jetzt klären:
  1. Welche Kanäle will ich einrichten?
    Telefonisch, E-Mail, webbasierte Lösung, Ombudsmann?
  2. Wie stelle ich sicher, dass nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch alle Personen das Hinweisgebersystem nutzen können, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit mit dem Unternehmen in Kontakt stehen – d. h. eigene Mitarbeiter, externe Geschäftspartner / Dienstleister / Auftragnehmer und deren Mitarbeiter?
  3. Wie will ich darüber informieren?
    Informationen zu den Meldemöglichkeiten und dem Verfahren müssen klar und leicht zugänglich sein, zum Beispiel über die Unternehmenswebseite und im Unternehmens-Intranet / Schwarzen Brett.
  4. Wie macht man das Hinweisgebersystem Beschwerdeführern einerseits so schmackhaft, dass sie sich mit Meldungen nicht gleich an die externe Behörde oder gar an die Presse wenden, sondern den internen Kanal nutzen, aber andererseits auch so, dass von missbräuchlichen Beschwerden und Denunziantentum abgeschreckt wird?
  5. Wie stelle ich Vertraulichkeit sicher?
  6. Das ist z. B. bei einem Meldekanal per E-Mail schwierig, da nicht einmal der IT-Administrator auf eine solche E-Mail Zugriff haben dürfte.
  7. Wer soll zuständig sein für die Entgegennahme der Hinweise?
    Wer hat Zugriffsrechte für die Bearbeitung von Beschwerden?
    Wie und durch wen werden Beschwerden nach dem Eingang weiterbearbeitet?
    Es darf jedenfalls nicht passieren, dass bei Eingang eines Hinweises erstmal im Haus an verschiedenen möglichen Stellen nachgefragt wird, wer sich weiter darum kümmert – dies wäre mit dem Vertraulichkeitserfordernis nicht vereinbar.
    Wer versendet fristgerecht die Eingangsbestätigung an den Hinweisgeber?
  8. Will ich auch anonyme Meldungen ermöglichen oder nicht?
    Eine Pflicht dazu besteht nicht.
  9. Datenschutzrechtliche Fragen mit Datenschutzbeauftragtem klären.
  10. Personalvertretung / Betriebsrat einbeziehen, auch für die Kommunikation über das Hinweisgebersystem.
  11. Kann ich das alles selbst oder brauche ich externe Hilfe?
    Aktuell bieten sehr viele Berater und Verkäufer von Softwarelösungen ihre Dienste an. Diese Dienstleistungen mögen auch für Ihr Unternehmen ggf. interessant sein; wissen muss man allerdings, dass auch dabei wahrscheinlich mit dem deutschen Umsetzungsgesetz noch Anpassungsbedarf entstehen wird.
  12. Bei Konzernstrukturen: Laut Aussagen der EU-Kommission reicht es nicht, wenn es ein Konzern-Hinweisgebersystem für alle konzernzugehörigen Tochterunternehmen gibt. Vielmehr benötigt jedes Tochterunternehmen ein eigenes Hinweisgebersystem, zumindest wenn das Tochterunternehmen mehr als 249 Beschäftigte hat.
  13. Hier ist zu überlegen, ob und inwieweit für die Tochterunternehmen zwar ein eigenes Hinweisgebersystem eingerichtet wird, die Beschäftigten der Tochterunternehmen aber auch das konzernweite Hinweisgebersystem nutzen können.
  14. In der Kommunikation könnte dann auf die größere Erfahrung mit der Hinweisbearbeitung und weitere praktische Anwendungsvorteile bei der Nutzung des Konzern-Hinweisgebersystems hingewiesen werden. Auch das gilt es vorzubereiten.
  15. Personalabteilungen sollten sich auf die verschärften Beweislastregeln vorbereiten. Sie werden künftig beweisen müssen, dass nicht der Hinweis zu der jeweiligen arbeitsrechtlichen Maßnahme geführt hat, sondern dass es dafür andere Gründe gab. Eine entsprechende Dokumentation von Gründen für arbeitsrechtliche Sanktionen ist insofern hilfreich.
  16. Wer schon ein Hinweisgebersystem hat, sollte anhand der Richtlinie einmal prüfen, ob die dortigen Anforderungen bereits erfüllt werden. Ggf. können schon jetzt einige Anpassungen vorgenommen werden.
  17. Spätestens wenn das deutsche Umsetzungsgesetz vorliegt, wird es sicherlich weiteren Anpassungsbedarf geben, zumal in jedem Fall die Kommunikation für Arbeitnehmer und die für die Hinweis-Bearbeitung zuständigen Personen geändert werden muss.