01.01.2023

Steuerschuldumkehr bei Lieferung von Mobilfunkgeräten, integrierten Schaltkreisen und Tablets

1. Allgemeines

Für die Lieferung von Mobilfunkgeräten, integrierten Schaltkreisen und Tablets gilt das Verfahren der sogenannten Steuerschuldumkehr. Das Prinzip beinhaltet, dass der Lieferant anders als bei sonstiger Ware nicht offen mit Umsatzsteuer abrechnet und der Rechnungsempfänger hieraus die Vorsteuer zieht. Für Lieferungen der genannten Warengruppen geht vielmehr die Steuerschuld auf den Abnehmer über. Es wird ohne Steuer abgerechnet. Der Abnehmer muss den Bezug der Ware bei sich versteuern. Sofern er vorsteuerabzugsberechtigt ist, kann er die Steuer jedoch sofort auch wieder als Vorsteuer geltend machen. Sinn dieses im Bereich der Bauleistungen bereits seit längerem geltenden Prinzips ist, Umsatzsteuerbetrügereien einen Riegel vorzuschieben.

2. Für welche Waren gilt das Verfahren?

Die Regelung gilt für Lieferungen von Mobilfunkgeräten sowie von integrierten Schaltkreisen vor Einbau in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5.000 Euro beträgt. Dabei bleiben nachträgliche Minderungen des Entgelts unberücksichtigt. Erfasst sind auch Tablets und Spielekonsolen.
Nach den Ausführungen des Bundesfinanzministeriums sind
  • Mobilfunkgeräte: Geräte, die zum Gebrauch mittels eines zugelassenen Mobilfunk-Netzes und auf bestimmten Frequenzen hergestellt oder hergerichtet wurden, unabhängig von etwaigen weiteren Nutzungsmöglichkeiten. Hiervon werden insbesondere alle Geräte erfasst, mit denen Telekommunikationsleistungen in Form von Sprachübertragung über drahtlose Mobilfunk-Netzwerke in Anspruch genommen werden können, zum Beispiel Telefone zur Verwendung in beliebigen drahtlosen Mobilfunk-Netzwerken (insbesondere für den zellularen Mobilfunk – Mobiltelefone – und Satellitentelefone). Ebenso fällt die Lieferung von kombinierten Produkten (sogenannte Produktbundle), das heißt gemeinsame Lieferungen von Mobilfunkgeräten und Zubehör zu einem einheitlichen Entgelt, unter die Regelung, wenn die Lieferung des Mobilfunkgeräts die Hauptleistung darstellt. Die Lieferung von Geräten, die reine Daten übertragen, ohne diese in akustische Signale umzusetzen, fällt dagegen nicht unter die Regelung. Zum Beispiel gehören daher folgende Gegenstände nicht zu den Mobilfunkgeräten im Sinne der Regelung: Navigationsgeräte; Computer, soweit sie eine Sprachübertragung über drahtlose Mobilfunk-Netzwerke nicht ermöglichen (zum Beispiel Tablet-PC); mp3-Player; Spielkonsolen; On-Board-Units. 
  • Integrierte Schaltkreise: auf einem einzelnen (Halbleiter-)Substrat (sogenannter Chip) untergebrachte elektronische Schaltungen (elektronische Bauelemente mit Verdrahtung). Zu den integrierten Schaltkreisen zählen insbesondere Mikroprozessoren und CPUs (Central Processing Unit, Hauptprozessor einer elektronischen Rechenanlage). Die Lieferungen dieser Gegenstände fallen unter die Regelung, sofern sie (noch) nicht in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand (Endprodukt) eingebaut wurden. Ein Gegenstand ist für die Lieferung auf der Einzelhandelsstufe insbesondere dann geeignet, wenn er ohne weitere Be- oder Verarbeitung an einen Endverbraucher geliefert werden kann.
  • Tablet-Computer: aus Zolltarifunterposition 8471 30 00 sind tragbare, flache Computer in besonders leichter Ausführung, die vollständig in einem Touchscreen-Gehäuse untergebracht sind und mit den Fingern oder einem Stift bedient werden können.
  • Spielekonsolen: sind Computer oder computerähnliche Geräte, die in erster Linie für Videospiele entwickelt wurden. Neben dem Spielen können sie weitere Funktionen bieten, zum Beispiel Wiedergabe von Audio-CDs, Video-DVDs und Blu-ray-Discs.
Der Umsatzsteueranwendungserlass des Bundesfinanzministeriums enthält weitere Konkretisierungen: so kann zur Einordnung eines integrierten Schaltkreises die Unterposition 8542 31 90 des Zolltarifs herangezogen werden. Außerdem wird klargestellt, dass es sich um keinen integrierten Schaltkreis mehr handelt, wenn dieser in einen anderen Gegenstand eingebaut oder verbaut wird, unabhängig davon, ob es sich bei dem anderen Gegenstand um ein Endprodukt handelt oder nicht. Mehrere Beispiele erläutern, wann insbesondere von einem ein- oder verbauten Schaltkreis auszugehen ist.
Für die genannte 5.000-Euro-Grenze bestimmt derselbe Erlass des Bundesfinanzministeriums, dass für deren Ermittlung auf alle im Rahmen eines zusammenhängenden wirtschaftlichen Vorgangs gelieferten Gegenstände der genannten Art abzustellen ist. Als Anhaltspunkt für einen wirtschaftlichen Vorgang dient danach insbesondere die Bestellung, der Auftrag oder der (Rahmen-)Vertrag.

3. Für welche Lieferempfänger gilt das Verfahren?

Die Regelung gilt für Lieferungen von Unternehmen an Unternehmen (das heißt auch an Kleinunternehmer). Nicht erfasst werden Lieferungen an Privatpersonen. Über die Unternehmereigenschaft seines Lieferempfängers muss sich der Lieferant also vergewissern, um ohne Haftungsrisiko steuerfrei abrechnen zu können. Zur Frage, welche Nachweisanforderungen die Finanzverwaltung an diese Überprüfung stellt, liegen bislang keine Hinweise vor.

4. Welche Hinweise müssen auf die Rechnung?

Lieferungen, für die sich die Steuerschuld umkehrt, müssen grundsätzlich alle Pflichtangaben wie "normale" Rechnungen enthalten. An Stelle des Steuerausweises hat der Rechnungssteller auf die Umkehr der Steuerschuld durch den Zusatz „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ hinzuweisen.

5. Wo sind die Umsätze in der Voranmeldung zu melden?

Für die Meldung in der Umsatzsteuervoranmeldung ist folgendermaßen zu differenzieren.
  • Der Lieferer, der die Lieferung ohne Steuer berechnet, meldet den Ausgangsumsatz
    • in der Zeile 33, Kennziffer 60 der Umsatzsteuervoranmeldung.
  • Der Abnehmer, auf den die Steuerschuld übergeht, meldet für den Eingangsumsatz 
    • in Zeile 31, Kennziffer 84/85 die Steuer an
    • in Zeile 40, Kennziffer 67 macht er sie - soweit er vorsteuerabzugsberechtigt ist - wieder als Vorsteuer geltend.

6. Abrechnung im Weg der Gutschrift 

Soweit Lieferungen im Weg der Rechnung ersetzenden Gutschrift abgerechnet werden, sind die Besonderheiten der Steuerschuldumkehr auch dort zu berücksichtigen. Der Gutschriftenersteller hat in diesem Fall - wie generell bei Gutschriften - zu beachten, dass im Rahmen der Pflichtangaben für Rechnungen die Steuernummer beziehungsweise Umsatzsteueridentifikationsnummer des Lieferanten/Gutschriftenempfängers angegeben wird. Die Gutschrift ist als "Gutschrift" förmlich zu bezeichnen. Weiterhin ist zu beachten, dass der Gutschriftenersteller den Hinweis auf die Umkehr der Steuerschuld (siehe oben) auf die Rechnung aufnimmt. Der Gutschriftenersteller, der zugleich Lieferempfänger ist, nimmt die Versteuerung im Rahmen des § 13b UStG vor.

7. Was passiert bei Lieferungen ins Ausland?

Die Regelung zur Steuerschuldumkehr greift nur bei im Inland steuerbaren und steuerpflichtigen Lieferungen. Bei steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen und Ausfuhren greift die Regelung also nicht. Das heißt, hier findet das neue System keine Anwendung. Die bekannten Regelungen gelten fort. Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen in die Europäische Union und ins Drittland werden demnach weiterhin wie alle sonstigen Lieferungen dorthin behandelt.